BGH: Anforderungen an die Beweisführung des Vermieters für das Vorliegen von Eigenbedarf

BGH: Anforderungen an die Beweisführung des Vermieters für das Vorliegen von Eigenbedarf


Bundesgerichtshof (BGH)
Urteil vom 29. März 2017 – VIII ZR 44/16

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich am 29. März 2017 in einer Entscheidung erneut damit befasst, welche Anforderungen an die tatrichterliche Würdigung des Parteivortrags und des Ergebnisses der Beweisaufnahme zu stellen sind, wenn der Mieter Schadensersatz wegen vorgetäuschten (Eigen-)Bedarfs begehrt, weil der Vermieter den in seiner Kündigung geltend gemachten Bedarf nach dem Auszug des Mieters nicht verwirklicht.

Der Beklagte vermietete dem Kläger eine Wohnung, welche er später mit der Begründung kündigte, er benötige die Wohnung für einen neuen Hausmeister. Nach dem Auszug des Klägers zog jedoch nicht der angekündigte neue Hausmeister, sondern eine – nicht mit Hausmeisterdiensten betraute – Familie in die Wohnung ein.

Durch eine schuldhafte unberechtigte Kündigung – insbesondere im Falle des Vortäuschens eines in Wahrheit nicht bestehenden Selbstnutzungswillens – kann sich der Vermieter schadensersatzpflichtig machen, wenn der Mieter daraufhin auszieht und infolgedessen Vermögenseinbußen erleidet. Dementsprechend begehrte der Kläger wegen des seiner Auffassung nach nur vorgetäuschten Eigenbedarfs des Beklagten unter anderem Ersatz der Umzugskosten sowie die Mehrkosten, die ihm durch die höhere Miete für die neue Wohnung entstehen. Der Beklagte behauptete, der Hausmeister habe ihn erst kurz nach dem Auszug des Klägers darüber informiert, dass er aufgrund seiner Erkrankung (u.a. Kniebeschwerden) nicht in die im dritten Obergeschoss liegende Wohnung einziehen werde.

Der BGH nahm den Sachverhalt zum Anlass, Anforderungen an die Beweislast des Vermieters für das tatsächliche Vorliegen eines Eigenbedarfs im Kündigungszeitpunkt zu formulieren, wenn der geltend gemachte Eigenbedarf nach Auszug des Mieters nicht verwirklicht wird.

Setzt der Vermieter den behaupteten Selbstnutzungswillen nach dem Auszug des Mieters nicht um, liegt der Verdacht nahe, dass der Bedarf nur vorgeschoben wurde. Unter diesen Umständen ist es dem Vermieter zuzumuten, substantiiert und plausibel darzulegen, aus welchem Grund der mit der Kündigung vorgebrachte Bedarf nachträglich entfallen ist. Ihn trifft insoweit eine besondere („sekundäre“) Darlegungslast.

Der Beklagte ist diesen Anforderungen nicht gerecht geworden. Bei einer tatsächlich bestehenden Bedarfslage wäre zu erwarten gewesen, dass er mit dem neuen Hausmeister alsbald einen Mietvertrag abschließen oder sich zumindest über den voraussichtlichen Mietbeginn und die genaue Miethöhe verständigen würde. Hierzu hat der Beklagte jedoch nichts vorgetragen. Kommt der Vermieter seiner besonderen Darlegungslast in derartigen Fällen nicht nach, ist die ihm vorgeworfene Pflichtverletzung – hier das Vortäuschen eines tatsächlich nicht bestehenden Eigenbedarfs – als unstreitig zu behandeln.

Kategorie: Gewerbliches Miet- und Wohnraummietrecht, Immobilienrecht, 11. Mai 2017



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