Kein Schadensersatz in Geld wegen nicht gewährter Urlaubstage im bestehenden Arbeitsverhältnis

Kein Schadensersatz in Geld wegen nicht gewährter Urlaubstage im bestehenden Arbeitsverhältnis


Bundesarbeitsgericht (BAG)
Urteil vom 16.05.2017 – 9 AZR 572/16

Das BAG hat entschieden, dass im Falle der Nichtgewährung von rechtzeitig beantragtem Urlaub der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Schadensersatz hat. Dieser ist auf die Gewährung von Ersatzurlaub gerichtet. Schadensersatz in Geld kommt nicht in Betracht. Der Anspruch auf eine Abgeltung des Ersatzurlaubs  entsteht erst mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die am 07.03.1955 geborene Klägerin ist bei der Beklagten, einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt, seit dem 1. Mai 1989 als Redakteurin beschäftigt. Für den Zeitraum vom 01.04.2012 bis zum 31.03.2018 vereinbarten die beiden Parteien ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell mit einer Arbeitsphase bis zum 31.03.2015. Daran anschließend erfolgte die Freistellungsphase. Es wurde vereinbart, dass die Klägerin während der aktiven Altersteilzeit Erholungsurlaub gewährt wird und der Urlaub während der passiven Freistellungszeit entfällt. 

Mit Schreiben vom 12. Dezember 2014 beantragte die Klägerin für das Kalenderjahr 2015 31 Urlaubstage. Die Beklagte gewährte ihr unter Ablehnung des Antrags im Übrigen nur acht Urlaubstage. Mit ihrer der Beklagten am 14. August 2015 zugestellten Klage hat die Klägerin wegen der Nichtgewährung von 23 Urlaubstagen für das Kalenderjahr 2015 Ersatz in Geld verlangt. Sie hat geltend gemacht, ihr habe für das Kalenderjahr 2015 ein ungekürzter Urlaubsanspruch von 31 Arbeitstagen zugestanden. Die bei einem Wechsel von einem Vollzeit- in ein Teilzeitarbeitsverhältnis geltenden Umrechnungsgrundsätze fänden bei einem Wechsel von der Arbeits- in die Freistellungsphase der Altersteilzeit keine Anwendung.

Das BAG wies die Klage ab. 

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz in Geld und keinen Anspruch  auf Abgeltung von 23 Arbeitstagen Ersatzurlaub aus dem Jahr 2015 vor der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.3.2018. Das BAG musste bereits deshalb nicht darüber entscheiden, ob die Klägerin überhaupt einen Urlaubsanspruch im Umfang von 31 Arbeitstagen für 2015 hatte. Mit der Entstehung des Ersatzurlaubsanspruchs erhält der Arbeitnehmer bereits Schadensersatz im Wege der Naturalrestitution. Nach dem in § 249 Abs. 1 BGB festgelegten Grundsatz der Naturalrestitution ist der Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Danach kann der Arbeitnehmer verlangen, so gestellt zu werden, als sei der von ihm rechtzeitig geltend gemachte und vom Arbeitgeber nicht gewährte Urlaub nicht verfallen. Der Ersatzurlaubsanspruch ist somit auf den Fortbestand des Anspruchs auf bezahlte Freistellung unter den Bedingungen des Bundesurlaubsgesetz gerichtet. Dies hat zur Folge, dass der Ersatzurlaubsanspruch – mit Ausnahme des Fristenregimes – den Modalitäten des verfallenen Urlaubsanspruchs unterliegt. Dies gilt sowohl für die Inanspruchnahme als auch für die Abgeltung des Ersatzurlaubs. Für eine Anwendung des § 251 Abs. 1 BGB – Schadensersatz in Geld – bleibt kein Raum, so das BAG.

Die Klägerin hatte mit Beendigung der Arbeitsphase des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses auch keinen Anspruch auf Abgeltung von Ersatzurlaub nach Maßgabe des § 7 Abs. 4 BUrlG. Nach § 7 Abs. 4 BUrlG ist der (Ersatz-)Urlaub abzugelten, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Diese Vorschrift erlaubt eine Abgeltung nicht gewährten (Ersatz-)Urlaubs nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Darunter ist dessen rechtliche Beendigung zu verstehen. Dies ergibt sich schon aus dem Begriff „Arbeitsverhältnis“, mit dem die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammenfassend bezeichnet werden und die regelmäßig durch einen Arbeitsvertrag begründet werden. Ist das Arbeitsverhältnis ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis, endet es iSv. § 7 Abs. 4 BUrlG zum vereinbarten Endtermin und nicht bereits mit dem Übergang von der Arbeits- in die Freistellungsphase. Das Arbeitsverhältnis besteht während der Freistellungsphase fort. Zwar hat der Arbeitnehmer keine Arbeitsverpflichtung, weil er seine Leistung in der Arbeitsphase bereits erbracht hat. Der Arbeitgeber ist aber zur Entgeltleistung verpflichtet, sodass auch kein Ruhen des Arbeitsverhältnisses in der Freistellungsphase eintritt. Auch eine analoge Anwendung von § 7 Abs. 4 BUrlG ist nicht geboten. Eine planwidrige Regelungslücke liegt nicht vor.

 

Kategorie: Arbeitsrecht, 11. August 2017



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