BGH: Die Kompetenz zur Regelung einer mittelbaren Geschäftsführervergütung liegt bei der Gesellschafterversammlung

BGH: Die Kompetenz zur Regelung einer mittelbaren Geschäftsführervergütung liegt bei der Gesellschafterversammlung


Bundesgerichtshof (BGH)
Urteil vom 14.05.2019 – II ZR 299/17

Die Parteien des vorbezeichneten Rechtsstreits sind zwei GmbH. Dem Aufsichtsrat der Klägerin waren per Gesellschafterbeschluss die Bestellung und die Abberufung von Geschäftsführern sowie der Abschluss, die Änderung und die Beendigung von Anstellungsverträgen mit diesen vorbehalten.

Die Klägerin hatte zwei Geschäftsführer. Der Aufsichtsrat beschloss die Abberufung des einen Geschäftsführers der Klägerin. Zugleich bestellte der Aufsichtsrat neben dem einen bestehen geblieben Geschäftsführer zwei Mitarbeiter der Beklagten zu weiteren Geschäftsführern der Klägerin. Geschäftsführerdienstverträge zwischen der Klägerin und den Mitarbeitern der Beklagten kamen jedoch nicht zustande.

Die Beklagte erstellte drei an die Klägerin gerichtete Rechnungen, die den Betreff „Weiterverrechnung unserer Leistungen der Geschäftsführung“ bzw. „Weiterverrechnung Leistungen der Geschäftsführung“ aufweisen und die in Rechnung gestellten Leistungen als „Aufwendungen für die Geschäftsführung“ beschreiben. Nach der Rechnungsbegründung handelte es sich um die Bruttoarbeitslöhne der Mitarbeiter der Beklagten. Die Rechnungen in Höhe von 428.209,50 € wurden von der Klägerin beglichen.

Die Beklagte behauptet, sie habe diejenigen Aufwendungen in Rechnung gestellt, die ihr dadurch entstanden seien, dass sie mit den von ihr entlohnten Mitarbeitern Arbeiten für die Klägerin erbracht habe und ihr deshalb die Mitarbeiter nicht zur Verfügung gestanden hätten. Grundlage der Vergütungspflicht sei eine mündlich getroffene Vereinbarung der Parteien. Die Vereinbarung sei zwischen dem einen bestehen gebliebenen Geschäftsführer der Klägerin und seinerzeitigem Geschäftsführer der Beklagten getroffen worden.

Die Klägerin verlangte im Urkundenprozess die Rückzahlung der an die Beklagte gezahlten 428.209,50€. Das LG gab der Klage statt. Das Berufungsgericht hob das Vorbehaltsurteil auf und wies die Klage als im Urkundenprozess unstatthaft ab. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision begehrte die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Die Revision der Klägerin hatte nun Erfolg.

Nach BGH könne es dahinstehen, ob die mündliche Vereinbarung unwirksam sei, weil sie nicht von dem bei der Klägerin gebildeten Aufsichtsrat geschlossen wurde. Zur Wirksamkeit der behaupteten Vereinbarung sei jedenfalls ein vorheriger Beschluss der Gesellschafterversammlung der Klägerin erforderlich gewesen.

Nach der Rechtsprechung des BGH sei das zum Abschluss, zur Änderung und Beendigung des Dienstvertrags eines Geschäftsführers allein befugte Organ einer GmbH die Gesellschafterversammlung. Dies gelte auch bei Vereinbarungen über einzelne Bestandteile eines Geschäftsführeranstellungsverhältnisses, vor allem der Vergütung der Geschäftsführer.

Der Grund für diese Annexkompetenz der Gesellschafterversammlung liege darin, dass Vereinbarungen, die das Anstellungsverhältnis der Geschäftsführer betreffen, geeignet seien, in erheblicher Weise die Entscheidungen der Gesellschafter über dessen Organstellung zu beeinflussen. Der Kompetenz der Gesellschafterversammlung zur Regelung der Geschäftsführervergütung unterfalle auch eine Absprache der GmbH mit einem Dritten, nach der der Dritte die Kosten, die bei ihm deshalb ohne Gegenleistung anfallen, weil seine von ihm bezahlten Mitarbeiter ihrer Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH nachgehen, der GmbH weiterberechnen dürfe.

Zwar würde es im GmbH-Recht an den die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung für die Vergütung der Geschäftsführer anordnenden Vorschriften fehlen, wie es sie im Aktienrecht gebe. Indes erstrecke sich die Annexkompetenz der Gesellschafterversammlung auch ohne ausdrückliche normative Zuweisung auf die Regelung der Vergütung der Geschäftsführer. Der Gleichlauf von Bestellungs- und Anstellungskompetenz erfordere, die in Frage stehende Vertragsgestaltung der mittelbaren Vergütung von Geschäftsführern einer GmbH durch Leistung von Aufwendungsersatz an den Dritten für die Zurverfügungstellung seiner von ihm entlohnten Mitarbeiter als Geschäftsführer der Annexkompetenz der Gesellschafterversammlung einer GmbH zu unterstellen.

Dies sei auch gerechtfertigt. Vereinbarungen mit einem Dritten, die die Vergütung eines Geschäftsführers einer GmbH betreffen, seien in gleicher Weise wie Vereinbarungen mit dem Geschäftsführer selbst generell geeignet, in erheblicher Weise die Entscheidungen der Gesellschafter über dessen Organstellung zu beeinflussen und würden die Gefahr kollegialer Rücksichtnahme bergen. Da es zur Rechtfertigung der Annexkompetenz allein auf diese generelle Eignung ankomme, sei es nicht relevant, ob das Bestellungsorgan der Klägerin durch die behauptete Vereinbarung konkret in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt wäre bzw. Anhaltspunkte für eine Begünstigung durch den Geschäftsführer der Klägerin vorlägen.

Die mündliche Vereinbarung sollte nach der Behauptung der Beklagten die Vergütung der Klägerin für die Geschäftsführertätigkeit der Mitarbeiter bei der Klägerin regeln. Diese sollten für die Geschäftsführung bei der Klägerin nicht unmittelbar von dieser vergütet werden. Ziel der Vereinbarung sei es aber, der Beklagten die Weiterberechnung der Kosten zu ermöglichen, die bei ihr ohne Gegenleistung deshalb anfielen, weil die von ihr bezahlten Mitarbeiter nicht mehr uneingeschränkt ihr zur Verfügung stünden, sondern ihrer Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin nachgingen.

Für den Abschluss einer -auch mittelbaren- Vereinbarung über die Vergütung eines Geschäftsführers einer GmbH sei somit die Gesellschafterversammlung zuständig bzw. sei ein Gesellschafterbeschluss erforderlich. Der Abschluss derartiger Rechtsgeschäfte falle demnach unter die Annexkompetenz der Gesellschafterversammlung gem. § 46 Nr. 5 GmbHG.

Dass die Gesellschafterversammlung der Klägerin oder der Aufsichtsrat den Kompetenzverstoß durch einen wirksamen Genehmigungsbeschluss geheilt hätten, sei zwar eine Option gewesen, sei aber in dem konkreten Fall nicht ersichtlich gewesen.

Kategorie: Gesellschaftsrecht / Handelsrecht, 11. Juli 2019



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