BGH: „Fiktive“ Mängelbeseitigungskosten können im Kaufvertragsrecht weiterhin geltend gemacht werden

BGH: „Fiktive“ Mängelbeseitigungskosten können im Kaufvertragsrecht weiterhin geltend gemacht werden


Bundesgerichtshof (BGH)
BGH, Urteil vom 12.03.2021 – V ZR 33/19

Der BGH hat entschieden, dass ein kaufvertraglicher Schadensersatzanspruch wegen Mängeln an einer erworbenen Immobilie weiterhin fiktiv berechnet werden kann, wenn die voraussichtlich erforderlichen Mängelbeseitigungskosten noch nicht entstanden sind.

Die Kläger erwarben 2014 eine Eigentumswohnung von dem Beklagten. In dem Kaufvertrag heißt es:

„Dem Verkäufer ist bekannt, dass es in der Vergangenheit an der Schlafzimmerwand Feuchtigkeit gab. Sollte es bis zum 31. Dezember 2015 erneut hierzu kommen, verpflichtet sich der Verkäufer, diese auf seine eigenen Kosten zu beheben.“

Nach Übergabe der Wohnung trat Ende 2014 erneut Feuchtigkeit in dem Schlafzimmer auf, zu deren Beseitigung die Kläger den Beklagten erfolglos unter Fristsetzung aufforderte. Die Kläger wurden insoweit durch die Wohnungseigentümer zur Behebung der Schäden ermächtigt, soweit das Gemeinschaftseigentum betroffen war. Die Kläger verlangten von dem Beklagten die Zahlung der voraussichtlich entstehenden Mängelbeseitigungskosten ohne Umsatzsteuer.

Der BGH wies die Revision des Beklagten zurück. Die Bemessung des kaufvertraglichen Anspruchs auf Schadensersatz gemäß §§ 437 Nr. 3, 280, 281 Abs. 1 BGB entspreche der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung. Der Käufer könne entweder Ausgleich des mangelbedingten Minderwerts oder Ersatz der voraussichtlich entstehenden Mängelbeseitigungskosten verlangen. Unerheblich sei, ob die Mängel tatsächlich beseitigt werden.

Dem steht es nicht entgegen, dass der VII. Zivilsenat für den werkvertraglichen Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 634 Nr. 4, 280, 281 Abs. 1 BGB im Februar 2018 entschied, dass eine Schadensbemessung anhand voraussichtlich erforderlicher Mängelbeseitigungskosten unzulässig sei. Diese Entscheidung lasse sich nicht auf die kaufrechtliche Sachmängelgewährleistung übertragen. Dies begründete der zuständige Senat dahingehend, dass dem Käufer im Kaufvertragsrecht -anders als dem Besteller im Werkvertragsrecht- kein Vorschusszahlungsanspruch zustehe. Es wäre nicht vertretbar, wenn der Käufer einer Sache die beabsichtigte Mängelbeseitigung vorfinanzieren müsste. Eine Ausnahme gelte lediglich für die Umsatzsteuer, die nur ersetzt werden müsse, soweit sie tatsächlich anfalle. Es bestehe auch keine Divergenz, da ein zweckgebundener und abzurechnender Vorfinanzierungsanspruch nicht aus dem allgemeinen Schadensersatzrecht hergeleitet werden könne. Zudem sei die Bemessung des kleinen Schadensersatzanspruches statt der Leistung wegen der präzisierten und klar konturierten werkvertraglichen Verankerung nicht auf andere Vertragstypen des besonderen Schuldrechts übertragbar.

Bei Mängeln einer gebrauchten Immobilie, mit denen ein Käufer nicht oder jedenfalls deutlich schlechter „leben“ könne, als er es mit der mangelfreien Immobilie täte, sei die Schätzung des mangelbedingten Minderwerts anhand der Mängelbeseitigungskosten weiterhin zulässig. Noch nicht angefallene Mängelbeseitigungskosten müssten unabhängig von der Rechtsnatur des Vertrages ersetzt werden.

Kategorie: Kaufrecht, 25. März 2021



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