BGH: Kein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht für den Mieter nach Zustimmung zu Mieterhöhung

BGH: Kein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht für den Mieter nach Zustimmung zu Mieterhöhung


Bundesgerichtshof (BGH)
Urteil vom 17. Oktober 2018 – VIII ZR 94/17

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des BGH hat entschieden, dass die erklärte Zustimmung des Mieters zu einem Mieterhöhungsverlangen des Vermieters vom Anwendungsbereich des Verbraucherwiderrufs bei Fernabsatzverträgen nicht erfasst sei und dem Mieter ein dahingehendes Widerrufsrecht nicht zustehe.

Der Kläger ist Mieter einer Wohnung der Beklagten in Berlin. Im Juli 2015 forderte die Beklagte, vertreten durch die Hausverwaltung, den Kläger unter Bezugnahme auf den Berliner Mietspiegel brieflich auf, einer (näher erläuterten) Erhöhung der Netto-Kaltmiete zuzustimmen. Dem kam der Kläger zwar zunächst nach, erklärte jedoch kurz darauf den Widerruf seiner Zustimmung. Anschließend entrichtete er zwar die erhöhte Miete, jedoch unter Vorbehalt. Mit seiner Klage verlangt er die Rückzahlung der entrichteten Erhöhungsbeträge sowie die Feststellung, dass sich die Netto-Kaltmiete der von ihm gemieteten Wohnung nicht erhöht habe.

Die Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Dabei ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass im Grundsatz auch bei Zustimmungserklärungen des Mieters zu Mieterhöhungsverlangen ein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht des Verbrauchers bestehe. Im vorliegenden Fall fehle es jedoch an einem im Fernabsatz geschlossenen Verbrauchervertrag. Denn die Mieterhöhungsvereinbarung zwischen dem Kläger als Verbraucher und der Beklagten, die gewerblich Wohnungen vermiete, sei zwar unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln (Brief), nicht jedoch im Rahmen eines nach § 312c Abs. 1 HS 2BGB für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems getroffen worden. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Der BGH hat nun die Revision zurückgewiesen und wie folgt entschieden:

Der Wortlaut des § 312 Abs. 4 S. 1 BGB erstrecke das Widerrufsrecht zwar auf „Verträge über die Vermietung von Wohnraum“. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift sei jedoch dahingehend einschränkend auszulegen, dass ein Widerrufsrecht des Mieters bei einer Zustimmungserklärung zu einer vom Vermieter verlangten Erhöhung der Miete nicht gegeben sei. Dies folge aus dem Regelungszweck sowohl der Bestimmungen über die Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete als auch der Bestimmungen über das Widerrufsrecht des Verbrauchers bei Fernabsatzverträgen.

Denn mit dem in § 312 Abs. 4 S. 1 BGB vorgesehenen Widerrufsrecht des Mieters einer Wohnung solle Fehlentscheidungen aufgrund der Gefahr psychischen Drucks sowie dem typischerweise bestehenden Informationsdefizit des Mieters begegnet werden.

Dieser Zielsetzung des Gesetzes tragen bei Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete die in den §§ 558 ff. BGB vorgesehenen Bestimmungen zum Schutz des Mieters bereits uneingeschränkt Rechnung. Gemäß § 558a Abs. 1 BGB sei das (in Textform zu erklärende) Mieterhöhungsverlangen vom Vermieter zu begründen. Damit solle dem Mieter die Möglichkeit gegeben werden, die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens zu überprüfen. Schon dadurch könne der Mieter seinen rechtsgeschäftlichen Willen ohne ein Informationsdefizit und außerhalb einer etwaigen Drucksituation bilden.

Außerdem räume das Gesetz dadurch, dass der Vermieter frühestens nach Ablauf des zweiten Kalendermonats nach Zugang des Mieterhöhungsverlangens auf Erteilung der Zustimmung klagen kann, dem Mieter eine angemessene Überlegungsfrist ein, innerhalb derer er sich entscheiden könne, ob und gegebenenfalls inwieweit er der Mieterhöhung zustimme. Somit sei bereits durch die Bestimmungen der §§ 558 ff. BGB sichergestellt, dass der Sinn und Zweck der verbraucherschützenden Regelungen für Vertragsabschlüsse im Fernabsatz erfüllt sei.

Kategorie: Mietrecht, 19. Oktober 2018



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