BGH: Schuldbeitritt durch Zahlungszusage des Geschäftsführers einer zahlungsunfähigen GmbH

BGH: Schuldbeitritt durch Zahlungszusage des Geschäftsführers einer zahlungsunfähigen GmbH


Bundesgerichtshof (BGH)
Urteil vom 03.09.2020 – III ZR 56/19

Der BGH hat entschieden, dass es bei der Auslegung einer Zahlungszusage als Schuldbeitritt auf den Wortlaut der Erklärungen, die Begleitumstände und die Interessenlage der Parteien ankommt. Das eigene wirtschaftliche (oder auch rechtliche) Interesse des sich verpflichtenden Vertragspartners an der Tilgung der Verbindlichkeit einer zahlungsunfähigen GmbH stellt einen wichtigen Anhaltspunkt für das Vorliegen eines Schuldbeitritts dar.

In dem hiesigen Fall nahm die Klägerin den Beklagten persönlich auf Zahlung von Beraterhonorar in Anspruch. Der Beklagte war Mitgesellschafter und Geschäftsführer der F. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin), über deren Vermögen im April 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Unternehmensgegenstand von der Schuldnerin waren Projektierung, Konstruktion, Fertigung, Umbau und Modernisierung von Schienenfahrzeugen. Im Juli 2011 schlossen die Klägerin und Schuldnerin einen Beratungsvertrag mit dem Ziel, die Unternehmensleistung, betriebliche Organisation und wirtschaftliche Situation der Schuldnerin zu verbessern. Für Juni und Juli 2011 wurde ein Pauschalhonorar von 5.500 € zuzüglich Umsatzsteuer vereinbart. Im Übrigen wurde – zunächst bis Oktober 2011 – ein monatlicher Honorarsatz von 12.500 € zuzüglich Übernachtungskosten und Umsatzsteuer festgelegt. In der Folgezeit berechnete die Klägerin Beratungsleistungen in Höhe von rund 59.000 €.

Die Schuldnerin leistete keine Zahlungen. Ende Oktober 2011 fand ein Beratungsgespräch zwischen der Klägerin und dem Beklagten statt. In dem „Krisengespräch“ sprach die Klägerin den Beklagten konkret auf die ausbleibenden Zahlungen an. In dem Gespräch erklärte der Beklagte, dass die Klägerin weiterhin ihre Dienstleistungen vertragsgemäß erbringen solle. Da die Klägerin ohne sofortigen Zahlungsausgleich zu einer weiteren Leistungserbringung nicht bereit gewesen sei, habe der Beklagte erklärt, dass er für die Zahlung der offenen und auch der zukünftigen Rechnungen einstehe. Im Vertrauen auf diese Zusage habe die Klägerin weitere Leistungen erbracht. Der Beklagte trat dem entgegengetreten und behauptete, dass er keine „persönliche Haftung“ für sämtliche Rechnungen übernehmen wollte.

Die Klägerin erwirkte einen Mahnbescheid gegen den Beklagten, woraufhin ein Vollstreckungsbescheid erlassen wurde. Den Einspruch des Beklagten verwarf das Landgericht als unzulässig und hielt den Vollstreckungsbescheid aufrecht. Auf die Berufung des Beklagten hin hob das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg den Vollstreckungsbescheid auf. Die Klägerin begehrte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Der zuständige BGH-Senat entschied, dass die angefochtene Entscheidung des OLG Naumburg aufzuheben sei. Er führte aus, dass bei der Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen der wirkliche Wille der Erklärenden nach §§ 133, 157 BGB zu erforschen sei. Dabei seien der Wortlaut der Erklärung und der ihm zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigen. Bei der Willenserforschung sei der mit der Absprache verfolgte Zweck, die Interessenlage der Parteien und die sonstigen Begleitumstände zu berücksichtigen, die den Sinngehalt der gewechselten Erklärungen erhellen können. Dabei seien empfangsbedürftige Willenserklärungen so auszulegen, wie sie der Empfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen durfte. Das eigene wirtschaftliche (oder auch rechtliche) Interesse des sich verpflichtenden Vertragspartners daran, dass die Verbindlichkeit des Schuldners getilgt werde, könne einen wichtigen Anhaltspunkt für das Vorliegen eines Schuldbeitritts geben. Dafür, dass der Beklagte durch seine Erklärungen eine eigene Verbindlichkeit begründen wollte, seien sämtliche Begleitumstände zu berücksichtigen. Insbesondere sei das Verhalten aus der Vergangenheit beachtlich.

Der Beklagte habe in dem Krisengespräch Ende Oktober 2011 eine Zahlungszusage getätigt, sodass er in das bestehende Schuldverhältnis als Gesamtschuldner nach §§ 421 ff. BGB eingetreten sei. Die Klägerin könne berechtigterweise eine Zahlung von dem Beklagten verlangen.

Kategorie: Gesellschaftsrecht / Handelsrecht, 05. März 2021



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