Fußball – kein Schadensersatz nach Foulspiel

Fußball – kein Schadensersatz nach Foulspiel


OLG Koblenz vom 10.09.2015, 3 U 382/15

Das OLG Koblenz hat entschieden, dass der Regelverstoß eines Fußballspielers, der zu einer Verletzung des Gegners führt, keine Schadensersatzpflicht auslöst, wenn die durch den Spielzweck gebotene Härte im Kampf um den Ball die Grenze zur Unfairness nicht überschreitet.

Der Kläger und der Beklagte hatten an einem Freundschaftsspiel der Alten Herren als Spieler der Gastmannschaft bzw. des Heimvereins teilgenommen. Gegen Ende der ersten Halbzeit schoss der Kläger auf das gegnerische Tor. Den von dem Torwart zunächst abgewehrten Ball versuchte er sodann in das Tor zu köpfen und bewegte dazu seinen Kopf in Richtung Ball. Zeitgleich wollte der Beklagte, der sich in Richtung Tor gesehen rechts vom Kläger befand, den Ball aus der Gefahrenzone befördern. Dazu trat er mit dem rechten Fuß nach dem Ball. Hierbei traf er den Kläger in der rechten Gesichtshälfte; dieser erlitt unter anderem Frakturen an Nase, Jochbein und Augenhöhle sowie eine dauerhaft verbleibende Einschränkung des Gesichtsfeldes. Die Einzelheiten des Vorfalls sind zwischen den Parteien umstritten. Sie werfen sich wechselseitig begangene Verstöße gegen die Fußball-Regeln des DFB vor. Der Kläger legte dem Beklagten ein grob regelwidriges und rücksichtsloses Foul zur Last, weil er mit gestrecktem „hohen“ Bein gespielt und „voll durchgezogen“ habe; der Beklagte hielt dem Kläger einen „zu tiefen Kopf“ vor, was sich als unsportliches Verhalten darstelle.
Das LG Trier hatte die Klage abgewiesen. Es ging zwar davon aus, dass der Beklagte gegen die Regel 12 des DFB verstoßen hatte, weil er seinen Fuß „nach oben gezogen“ und den Kläger dadurch im Gesicht verletzt hatte. Allerdings sei nach der Vernehmung von Zeugen nicht festzustellen gewesen, dass eine rücksichtslose oder brutale Spielweise des Beklagten zu den Verletzungen beim Kläger geführt hatte.

Das OLG Koblenz hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichtes haftet der auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch genommene Beklagte für Verletzungen beim Fußballsport nicht, wenn der von ihm begangene Regelverstoß noch im Grenzbereich zwischen der einem solchen Kampfspiel eigenen gebotenen Härte und der unzulässigen Unfairness liegt. Beim Fußballspiel komme es nämlich darauf an, im Kampf um den Ball schneller als der Gegner zu sein. Die Hektik, Schnelligkeit und Eigenart des Spiels würden den Spieler oft zwingen, im Bruchteil einer Sekunde Chancen abzuwägen, Risiken einzugehen und Entscheidungen zu treffen; dabei sei die körperliche Einwirkung auf den Gegner im Kampf um den Ball unvermeidlich. Komme es dabei zu Verletzungen des Gegners, sei ein Schuldvorwurf nicht berechtigt, solange die durch den Spielzweck gebotene Härte im Kampf um den Ball die Grenze zur Unfairness nicht überschreite. Das gelte auch dann, wenn der Schädiger zwar gegen eine dem Schutz seines Gegenspielers dienende Regel verstoßen habe, dies aber aus Spieleifer, Unüberlegtheit, technischem Versagen, Übermüdung oder aus ähnlichen Gründen geschehen sei.

Im vorliegenden Fall habe der Kläger nicht beweisen können, dass der Beklagte bei seiner Fußbewegung in Richtung des Oberkörpers des Klägers „voll durchgezogen“ und schwere Verletzungen des Klägers zumindest billigend in Kauf genommen und damit die Grenze zur Unfairness überschritten hatte. Vielmehr sei die Behauptung des Beklagten, wonach er versucht hatte, den Ball zu erreichen, nicht zu widerlegen gewesen. Möglich sei insbesondere erschienen, dass der Kläger bei dem Versuch, den Ball zu erreichen, aufgrund überlegener Schnelligkeit und größeren Geschicks den Bruchteil einer Sekunde schneller am Ball war als der Beklagte, mit der Folge, dass dieser nicht den Ball, sondern den Kläger unglücklich am Kopf getroffen hatte.

Quelle: Pressemitteilung des OLG Koblenz v. 27.11.2015

Kategorie: Sport & Recht, 01. Dezember 2015



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