Keine Vorgaben zur personellen Mindestbesetzung von Klinikpflegepersonal durch Einigungsstelle

Keine Vorgaben zur personellen Mindestbesetzung von Klinikpflegepersonal durch Einigungsstelle


Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein
Beschluss vom 25.04.2018 – 6 TaBV 21/17

Das LAG Schleswig-Holstein hat entschieden, dass eine Einigungsstelle auch aus Gründen der Mitbestimmung beim Gesundheitsschutz keine Vorgaben an den Arbeitgeber über die personelle Mindestbesetzung von Pflegepersonal in einer Klinik beschließen kann.

In der Vergangenheit stritten die Arbeitgeberin, die eine Klinik betreibt, und ihr Betriebsrat wiederholt über die Frage der Mindestbesetzung für den Pflegedienst auf bestimmten Stationen. Schließlich wurde im Frühjahr 2013 eine Einigungsstelle zum Arbeits- und Gesundheitsschutz gebildet. Im Laufe des Einigungsstellenverfahrens schlossen die Beteiligten verschiedene Zwischenvereinbarungen. Es wurden insgesamt drei Gutachten zur Belastungs- und Gefährdungssituation des Pflegepersonals eingeholt. Da sich die Arbeitgeberin und der Betriebsrat über die Bewertung der Ergebnisse und etwaige hieraus folgende Maßnahmen nicht einigen konnten, endete das Einigungsstellenverfahren am 08.12.2016 durch einen Spruch. Dieser sieht eine Schichtbesetzung mit einer bestimmten Zahl von Pflegekräften für bestimmte Belegungssituationen vor.
Das ArbG Kiel hatte entschieden, dass die Vorgabe einer Mindestbesetzung mit Pflegepersonal eine Maßnahme ist, mit der einer Gesundheitsgefährdung der eigenen Beschäftigten durch Überlastung begegnet werden kann. Der Spruch einer Einigungsstelle, der eine Schichtbesetzung mit einer bestimmten Zahl von Pflegekräften für bestimmte Belegungssituationen vorschreibe, sei nicht per se rechtswidrig. Die Arbeitgeberin machte vor dem Landesarbeitsgericht die Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs geltend.

Das LAG Schleswig-Holstein hat der Berufung der Arbeitgeberin stattgegeben.

Nach Auffassung des LAG überschritt die Einigungsstelle schon formal ihre Kompetenz, in dem sie ihre Entscheidung auf unzulässigen Feststellungen zu bestehenden Gefährdungen gründete. Der Betriebsrat habe zwar gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz. Das beziehe sich auch auf Schutzmaßnahmen des Arbeitgebers zur Verhütung von Gesundheitsschäden. Eine Handlungspflicht des Arbeitgebers, deren Umsetzung der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliege, bestehe jedoch erst, wenn entweder Gefährdungen feststünden oder im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung konkret festgestellt seien. Die Einigungsstelle selbst dürfe das Bestehen einer Gefährdung nicht eigenständig feststellen. Die Einigungsstelle und in der Folge das Arbeitsgericht hätten die Gefährdung mit einem Gutachten begründet, das die Anforderung an eine Gefährdungsbeurteilung nicht erfülle. Selbst bei Annahme einer konkreten Gefährdung habe die Einigungsstelle mit ihrem Spruch die Grenzen dessen, was nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG erzwingbar sei, auch inhaltlich überschritten. Bei der Personalplanung des Arbeitgebers habe der Betriebsrat nicht erzwingbar mitzubestimmen. Er könne nach § 92 BetrVG allenfalls Unterrichtung und Beratung verlangen. Wie der Gesetzgeber in § 3 Abs. 2 ArbSchG verdeutlicht habe, sei die vom Arbeitgeber festgelegte Zahl der Beschäftigten bei Planung und Durchführung der Maßnahmen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG zu berücksichtigen. Der Überlastungsschutz müsse also durch andere Maßnahmen, etwa auf organisatorischer Ebene, gewährleistet werden.

Der Beschluss ist – noch – nicht rechtskräftig. Das LAG hat die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Quelle: Pressemitteilung des LAG Schleswig-Holstein vom 04.05.2018

Kategorie: Arbeitsrecht, Pflege & Recht, 11. Mai 2018



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