Nachtragsforderung wird durch Abschlagszahlung nicht anerkannt!

Nachtragsforderung wird durch Abschlagszahlung nicht anerkannt!


OLG Hamburg, Urteil vom 27.11.2020 – 8 U 7/20; BGH, Beschluss vom 27.10.2021 – VII ZR 11/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen) 

Das Gericht hat entschieden, dass die Bezahlung einer Abschlagsrechnung nicht die Annahme eines Anerkenntnisses der darin enthaltenen Positionen, insbesondere nicht hinsichtlich der Höhe der geschuldeten Vergütung rechtfertigt, da die Abschlagszahlungen nur vorläufigen Charakter haben.

Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung zu Grunde.

Im Rahmen eines Pauschalvertrages sollte ein Parkettleger die vereinbarten Arbeiten ab dem 26.03.2015 beginnen und innerhalb von 183 Werktagen fertig stellen. Aufgrund Verzögerungen der vorherigen Arbeiten konnte der Parkettleger erst im Februar 2016 beginnen. Hierdurch kam es zu einer Erhöhung der Preise um 7,5 %, die der Parkettleger dem Bauherrn auch mitteilte. Der Bauherr verlangte daraufhin einen Kalkulationsnachweis, woraufhin der Parkettleger das Schreiben seines Lieferanten über die Erhöhung der Materialpreise vorlegte. In der Folge  wurde das Thema nicht weiter angesprochen, insbesondere wurde keine ausdrückliche Einigung über die Preiserhöhung geschlossen. Im gerichtlichen Verfahren wollte der Parkettleger nun die Preiserhöhung durchsetzen. Er berief sich auf eine konkludente Vereinbarung. Der Bauherr habe grundsätzlich Bereitschaft erkennen lassen, die Preiserhöhung zu akzeptieren indem er alle Abschlagsrechnungen bezahlte. Die Abschlagsrechnungen hätten ab der zweiten Rechnung die erhöhten Einheitspreise ausgewiesen.

Das Gericht entschied, dass der Bauherr die erhöhten Preise nicht bezahlen muss.

Durch die Abschlagszahlungen habe er weder einer Vertragsänderung zugestimmt noch eine Preiserhöhung anerkannt. Die Bezahlung einer Verbindlichkeit stellt in aller Regel kein Schuldanerkenntnis dar. Eine Vertragsänderung oder ein Anerkenntnis kann auch  nicht aus den Abschlagszahlungen hergeleitet werden. Da durch den Auftragnehmer noch eine endgültige Abrechnung zu erstellen ist, haben  Abschlagszahlungen  nur vorläufigen Charakter und  ihre Bezahlung rechtfertigt nicht die Annahme eines Anerkenntnisses der darin enthaltenen Positionen. Weiter führte das Gericht aus, dass die Parteien eine Pauschalvergütung vereinbart hatten und der Bauherr daher keinen Anhaltspunkte hatte, die in die Abschlagsrechnung eingesetzten Preise zu überprüfen und mit den der Kalkulation der Pauschalvergütung zu Grunde liegenden Angebotspreisen zu vergleichen.

Für die Praxis gilt folgendes zu beachten. Durch die Zahlung der Abschlagsrechnungen hat der Besteller nicht zu befürchten, eine Rechtsposition zu verlieren oder ihre Durchsetzung zu erschweren. Der Auftragnehmer ist daher nicht abgesichert, wenn der Auftraggeber Abschlagszahlungen für Nachträge leistet. Er hat den (Nachtrags-)Sachverhalt ausführlich zu dokumentieren, um im Streitfall seine Vergütungsansprüche durchsetzen zu können. Die Darlegungs- und Beweislast liegt bei Abschlagszahlungen beim Auftragnehmer. Anderes gilt für die Schlussrechnung. Zwar kann der Auftraggeber auch in diesem Fall eine Rückforderung geltend machen, mit der Begründung, dass die Schlussrechnung überhöht war. Allerdings trägt er in diesem Fall auch die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer erhöhten Schlussrechnung.  

 

Quelle: arge baurecht – Urteilsbesprechungen

Kategorie: Bau- und Architektenrecht, Werkvertragsrecht, 03. Juni 2022



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