OLG Köln: Zur Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds aufgrund schwerwiegender Pflichtverletzung

OLG Köln: Zur Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds aufgrund schwerwiegender Pflichtverletzung


Oberlandesgericht Köln (OLG)
Beschluss vom 29.08.201918 Wx 9/19

Der 18. Zivilsenat des OLG Köln hatte über die Abberufung eines Aufsichtsratsmitglied wegen schwerwiegender Pflichtverletzung zu befinden.

Der Beschwerdeführer in dem vorgenannten Verfahren gab in einem Rechtsstreit vor dem LG Köln eine Stellungnahme über die gerichtliche Bestellung eines Sonderprüfers ab. Im Aufsichtsrat war jedoch vorher beschlossen, dass eine solche Stellungnahme nicht erfolgen wird.

Auf Antrag des Aufsichtsrats wurde der Beschwerdeführer mit Gerichtsbeschluss als Aufsichtsratsmitglied abberufen. Gegen diesen Beschluss legte er beim LG Köln Beschwerde ein. Das LG half der Beschwerde nicht ab und legte sie dem OLG zur Entscheidung vor.

Der Beschwerdeführer meinte, dass er durch die Abgabe einer Stellungnahme in dem Verfahren vor dem LG Köln nicht gegen seine Pflichten als Aufsichtsrat verstoßen habe, so dass schon deswegen die Abberufung nicht gerechtfertigt sei. Im Hinblick darauf, dass ihm vom LG in seiner Funktion als Aufsichtsrat Unterlagen zur Stellungnahme – anders als bei einer vorhergehenden Übersendung – ohne einen Hinweis auf § 142 Abs. 5 AktG übersandt worden waren, habe er den Eindruck gehabt, zur Stellungnahme verpflichtet zu sein. Im Übrigen habe seine Stellungnahme keine vertraulichen Angaben enthalten.

Seine Beschwerde blieb ohne Erfolg. Das OLG Köln begründete wie folgt:

Die Abgabe der Stellungnahme durch den Beschwerdeführer über die Bestellung des Sonderprüfers stelle einen wichtigen, die Abberufung rechtfertigenden Grund i. S. des § 103 Abs. 3 S. 1 AktG dar. Aus dem Gesetz ergebe sich eindeutig, dass der Aufsichtsrat zu hören ist (§ 142 Abs. 5 S. 1 AktG), und das bedeutet das Gesellschaftsorgan in seiner Gesamtheit und nicht die einzelnen Mitglieder. Der Aufsichtsrat hatte in diesem Verfahren aber von der Abgabe einer Stellungnahme abgesehen, was dem Beschwerdeführer zumindest auch deswegen bekannt war, weil anderenfalls vorher eine Beschlussfassung im Aufsichtsrat unter seiner Beteiligung hätte erfolgt sein müssen.

Durch die Abgabe einer eigenen Stellungnahme in dem Verfahren habe sich der Beschwerdeführer willkürlich über die Haltung des Aufsichtsrates, in dem Verfahren von einer Stellungnahme abzusehen, hinweggesetzt. Dadurch sei – ganz unabhängig vom Inhalt der Stellungnahme – allein schon durch diese Vorgehensweise das Vertrauensverhältnis innerhalb des Aufsichtsrates in so schwerwiegender Weise berührt, dass dies zur Aufrechterhaltung der vertrauensvollen Zusammenarbeit im Aufsichtsrat die sofortige Abberufung des Antragsgegners rechtfertige.

Abgesehen davon, dass dem Beschwerdeführer als Mitglied des Aufsichtsrates ohnehin die für seine Tätigkeit maßgeblichen Bestimmungen vertraut sein müssen, hatte er jedenfalls auch durch das erste der beiden Schreiben einen Hinweis auf die hier maßgebliche Bestimmung des § 142 Abs. 5 AktG erhalten.

Es hätte sich ihm deshalb aufdrängen müssen, dass er nicht als einzelnes Aufsichtsratsmitglied, sondern der Aufsichtsrat als Organ Gelegenheit zur Stellungnahme bekommen sollte. Wenn ihm dies nicht ohnehin klar war, hätte er wenigstens nachfragen müssen. Dies gelte umso mehr, als sich dem Schreiben des LG eine irgendwie geartete Verpflichtung zur Abgabe einer Stellungnahme – entgegen seinem Vortrag in der Beschwerdebegründung – nicht ansatzweise entnehmen lässt. Zwar werde darin eine Frist zur Stellungnahme gesetzt, es werden aber keinerlei Rechtsnachteile für den Fall angekündigt, dass eine Stellungnahme nicht abgegeben wird. Von daher sei auch für einen Nichtjuristen klar, dass damit nur eine Möglichkeit zu einer Stellungnahme eröffnet werde, zu deren Abgabe aber keine Verpflichtung bestehe.

Kategorie: Gesellschaftsrecht / Handelsrecht, 19. März 2020



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