Vorunternehmer muss auf fehlende Eignung seiner Leistung hinweisen!

Vorunternehmer muss auf fehlende Eignung seiner Leistung hinweisen!


Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf
Beschluss vom 19.11.2019 – 23 U 208/18

Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass es nicht Aufgabe des Vorunternehmers ist, auf eine hinreichende Koordinierung der Arbeiten hinzuwirken. Etwas anderes gilt jedoch, wenn er mit eventuellen Risiken rechnen muss, etwa weil seine Leistung als Grundlage für die auf ihr aufbauenden Nachfolgeleistungen nicht geeignet ist. Zudem kann in einer nicht geeigneten Vorleistung ein Mangel in Form der Funktionsuntauglichkeit des Werks liegen. Der Vorunternehmer ist bei einer ungeeigneten Vorleistung nach Treu und Glauben verpflichtet, den nachfolgenden Unternehmer oder den bauüberwachenden Architekten darauf hinzuweisen, wie bei den nachfolgenden Arbeiten verfahren werden muss. Weiter ist eine Hinweispflicht des Vorunternehmers immer dann anzunehmen, wenn erkennbar die Gefahr besteht, dass der Nachfolgeunternehmer auch bei Anwendung der anerkannten Regeln der Technik nicht zu erkennen vermag, ob die Leistung für ihn eine geeignete Arbeitsgrundlage ist und in welcher Weise er seine eigene Leistung fachgerecht der Vorleistung anzupassen hat, um Mängel zu vermeiden.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin beauftragte bei einem Neubauvorhaben den Beklagten zu 1) mit der Lieferung von Fenstern sowie deren Einbau und den Beklagten zu 2) mit den Innenputzarbeiten. Nach der Fertigstellung monierte die Klägerin, es ließen sich sechs Schrägfenster nur um ca. 50 Grad öffnen. Ursächlich hierfür sei nach der Auffassung der Klägerin, dass der Beklagte zu 1) Bänder mit versetztem Drehpunkt verwendet und die Winddichtigkeitsfolie entgegen der Planung auf die Blendrahmen der Fenster aufgeklebt habe. Hierdurch beeinträchtige der Putzauftrag des Beklagten zu 2) den Öffnungswinkel der Fenster zu sehr.

Der Beklagte zu 1) wendet insbesondere ein, dass seine Leistung technisch gesehen keinen Mangel darstelle. Unmittelbar nach dem Einbau sei eine Öffnung um 90 Grad noch möglich gewesen. Auch das Aufkleben der Dichtigkeitsfolie auf dem Blendrahmen habe eine sach- und fachgerechte Ausführung dargestellt. Wäre der Beklagte zu 2) vor dem Aufbringen des Putzes seiner Prüfpflicht nachgekommen, hätte die Folie ohne größeren Aufwand neu geklebt bzw. hätte der Putz dünner aufgebracht werden können, sodass der ursprüngliche Öffnungswinkel von 90 Grad hätte beibehalten werden können.

Die Klägerin macht nunmehr Gewährleistungsrechte im Klagewege geltend. Mit Erfolg.

Der zuständige Senat des OLG Düsseldorf führte aus, es liege ein Mangel der Werkleistung des Beklagten zu 1) vor. Zwar sei der Einbau der Fenster als solcher nicht zu beanstanden, da dem Beklagten zu 1) weder zur Last gelegt sei, dass er Bänder mit versetztem Drehpunkt verwendet habe, noch dass er die Winddichtigkeitsfolie auf die Blendrahmen der Fenster aufgeklebt habe. Es sei jedoch nach den oben angeführten Leitsätzen eine Pflichtverletzung, dass der Beklagte zu 1) weder den Beklagten zu 2) als für das Folgewerk zuständigen Werkunternehmer noch den bauleitenden Architekten – Beklagten zu 3) – darüber informiert habe, dass der erforderliche Öffnungswinkel nicht mehr erreicht werden würde, sofern die entgegen der ursprünglichen Planung außen auf den Rahmen angebrachten Folien verputzt und nicht lediglich mit einer Leiste abgedeckt werden würden. Schließlich hätten nach dem Ergebnis der Sachverständigenbegutachtung im Fall des entsprechenden Hinweises des Beklagten zu 1) Ausführungsmöglichkeiten bestanden, die einen ausreichenden Öffnungswinkel gewährleistet hätten.

Zudem stünde der Klägerin auch gegenüber dem Beklagten zu 3) ein Anspruch auf Kostenvorschuss gemäß §§ 634 Nummer 2, 637 Absatz 3 BGB zu, da dessen Gewerk insgesamt mangelhaft sei. Ihm sei eine unzureichende Koordinierung der einzelnen auf der Baustelle tätigen Gewerke im Rahmen seiner Pflicht zur Objektüberwachung zur Last zu legen. Demzufolge seien die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner gegenüber der Klägerin zahlungspflichtig.

Kategorie: Bau- und Architektenrecht, 07. Oktober 2021



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