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Keine unangemessene Benachteiligung: Bleibt die Flüchtlingsunterkunft leer, darf die Gemeinde den Mietvertrag nicht vorzeitig kündigen

Wer als Mieter einen Mietvertrag abschließt, muss zahlen. Dass das auch für eine Gemeinde gilt, die sich beim Wohnraumbedarf verschätzt hat, musste im Folgenden der Bundesgerichtshof (BGH) klären.

Eine Gemeinde hatte anlässlich der sogenannten Flüchtlingswelle im Januar 2016 von Eigentümern ein Wohnhaus angemietet, in dem bis zu 14 Geflüchtete wohnen sollten. Die ordentliche Kündigung wurde für beide Parteien für 60 Monate - also fünf Jahre - ausgeschlossen. Da die Zahl der Geflüchteten im Jahr 2016 unerwartet schnell zurückging, wohnte schließlich niemand in dem Mietobjekt. Als die Gemeinde das Mietverhältnis deshalb vorzeitig kündigte und die Mietzahlungen einstellte, klagten die Eigentümer logischerweise die rückständige Miete ein - und das mit Erfolg.

Der BGH betonte, dass es sich in diesem Fall gerade nicht um einen Wohnraummietvertrag handelte. Vielmehr sollten zugewiesene Flüchtlinge untergebracht werden. Somit war die formularmäßige Klausel, mit der beide Mietvertragsparteien das Recht zur ordentlichen Kündigung für die Dauer von fünf Jahren ausgeschlossen hatten, auch nicht wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam. Das wäre lediglich im Wohnraummietrecht der Fall gewesen.

Hinweis: Ein Mietvertrag über eine Flüchtlingsunterkunft hat also auch dann Bestand, wenn kein Geflüchteter einzieht. Dieses Urteil gibt entsprechenden Vermietern Rechtssicherheit.


Quelle: BGH, Urt. v. 23.10.2019 - XII ZR 125/18
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 02/2020)

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