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Rechtswidrige Grenzsicherung: Traumatisierte DDR-Flüchtlinge können Folgeansprüche beim Versorgungsamt geltend machen

Dass auch rund 30 Jahre nach der Deutschen Einheit die Aufarbeitung der deutsch-deutschen Geschichte nicht abgeschlossen ist, zeigt der folgende Fall. Hier musste das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) angerufen werden, um zu bewerten, ob gesundheitliche Fluchtfolgen Folgeansprüche nach sich ziehen.

Ein Mann verlangte seine verwaltungsrechtliche Rehabilitierung, um seine Ansprüche gegen das Versorgungsamt geltend machen zu können. Zur Begründung seines Antrags trug der Mann vor, dass ihm im Dezember 1988 die Flucht aus der DDR nach West-Berlin gelungen sei. Und da diese besonders dramatisch verlaufen sei, habe ihn die Erfahrung nachhaltig traumatisiert und zu einer noch heute anhaltenden psychischen Erkrankung geführt.

Das BVerwG stellte nun in letzter Instanz fest, dass die Grenzsicherungsmaßnahmen der DDR rechtsstaatswidrig waren, weil sie in schwerwiegender Weise gegen die Prinzipien der Gerechtigkeit und der Verhältnismäßigkeit verstießen und im Einzelfall Willkürakte darstellten. Der Mann hat darüber hinaus schlüssig dargelegt, dass die ausgelösten Grenzsicherungsmaßnahmen bei ihm zu einer gesundheitlichen Schädigung geführt haben, die noch unmittelbar schwer und unzumutbar fortwirkt. Die abschließende Entscheidung über Folgeansprüche obliegt nun dem zuständigen Versorgungsamt.

Hinweis: Betroffene, denen es ähnlich erging wie dem Mann dieses Falls, sollten nunmehr prüfen, ob auch ihnen noch Ansprüche zustehen könnten. Traurig, dass so ein Urteil erst ca. drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung gefällt wurde.


Quelle: BVerwG, Urt. v. 24.07.2019 - 8 C 1.19
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 09/2019)

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